ERZEUGTE REALITÄTEN I – Jeff Wall. Dead Troops Talk
Das computergenerierte Historienbild
Ort(e):
NGBK, Oranienstraße 25
Künstler_innen
Jeff Wall
Arbeitsgruppe RealismusStudio
Valie Export, Christin Lahr, Maria Ocón, Frank Wagner, Ingrid Wagner-Kantuser
Aus der Pressemitteilung (Frank Wagner):
“Der kanadische Künstler Jeff Wall (Jahrgang 1946) hat 1991/92 ein bemerkenswertes Bild geschaffen, dessen inhaltliche, kunsttheoretische und technologische Bedeutung uns so interessant erscheint, daß wir uns entschieden haben, nur diese eine, große Arbeit zu zeigen und einen Einblick in ihren Entstehungsprozess zu vermitteln.
Es handelt sich um die 437 x 249 cm große Fotoarbeit DEAD TROOPS TALK (A vision after an Ambush of a Red Army patrol, near Moqor, Afghanistan, winter 1986) 1991/92, die als von der Rückseite beleuchtetes Großdia in einem metallgefaßten Lichtkasten präsentiert wird.
Die Arbeit ist mit Hilfe digitaler Bildverarbeitung in monatelanger Studioarbeit entstanden und stellt den Sieg über die sowjetischen Truppen in Afghanistan in der Manier eines zeitgenössischen Historienbildes dar.
Anhand von Fotomaterial aus dem Studio wird das arbeitsteilige, cinematographische Vorgehen ersichtlich, das zu dieser, ihre Montageprinzipien nicht preisgebenden Arbeit geführt hat, und die äußerste Präzision bei der Komposition des detailintensiven Geamtbildes im Cinemascopeformat wird nachvollziehbar.
(…)
Erzeugte Realitäten ist der Titel des diesjährigen Ausstellungsprogramms des RealismusStudio, dessen erster Teil sich mit der computergesteuerten Hervorbringung eines zeitgenössischen Historiengemäldes und der auktorialen Rolle des Künstlers beschäftigt, währenddessen der zweite Teil im Oktober dieses Jahres, sich mit der direkten Übertragung von computertechnischen Modellen auf den Körper, am Beispiel der Künstler Stelarc (Australien) und Louis Bec (Frankreich) und der Künstlerin ORLAN (Frankreich) auseinandersetzt.”
Pressestimmen
Berliner Zeitung, 11.08.1994 (Jürgen Otten)
“Walls Hinweis auf die wörtlich zu nehmende Unvorstellbarkeit und reale Empfindungslosigkeit einer solchen Szenerie gegenüber wird deutlich. Ohne jedes Pathos erhellen zwei Videofilme die Entstehung des Oeuvres: Aufbau der Bühne im Studio, Herankarren des Sandes, Stellproben im Straßenanzug, Kostüme, Maske, Anfertigung der Prothesen sind en detail festgehalten worden. Damit wird der Betrachter von jeder Art Pathos weggeführt. Was bleibt, ist Nachdenklichkeit und ein beklemmendes Gefühl.”